Saurodactylus brosseti


(BONS & PASTEUR, 1957)


Verbreitung:


Saurodactylus brosseti kommt endemisch in Marokko vor. Das Hauptverbreitungsgebiet liegt westlich des Großen Atlasgebirges.

Beschreibung:


Saurodactylus brosseti wurde 1957 von BONS & PASTEUR als Saurodactylus mauritanicus brosseti beschrieben. Sie benannten ihn nach dem Ornithologen und Säugetierkundler A. Brosset, der Tiere für sie sammelte. BONS & GENIEZ erhoben die Unterart 1997 aufgrund abweichender Beschuppungsmerkmale in den Artstatus. Weiterhin stellten GAMBLE ET AL. (2008) die Gattung zusammen mit den neotropischen Sphaerodactylini in die Unterfamilie Sphaerodactylinae (Familie: Sphaerodactylidae). RATO & JAMES HARRIS (2008) festigten ihre Stellung in der Familie der Sphaerodactylidae.
Saurodactylus brosseti wird im Deutschen als Marokkanischer Echsenfingergecko und im Englischen als Morocco lizard-fingered gecko bezeichnet. Diese Art erreicht eine maximale Kopf-Rumpf-Länge von 31 mm bei einer Gesamtlänge von 67,5 mm (SCHLEICH ET AL., 1996). Die Weibchen werden etwas größer als die Männchen. Letztere sind als adulte Tiere von den Weibchen durch verdickte Hemipenestaschen am Schwanzansatz und eine Ansammlung glänzender Schuppen ventral zwischen den Hinterbeinen. Farblich grenzen sich die Geschlechter nicht voneinander ab. Die Farbintensität variiert in Abhängigkeit des Fundorts aber auch innerhalb einer Population. Die Grundfärbung reicht von beige bis dunkelbraun. Dorsal sind kleine verwaschene bis große kontraastreiche weiße Punkte vorhanden, die zumeist in zwei Längsreihen angeordnet sind. Die dorsale Beschuppung besteht aus kleinen, flachen und nicht überlappenden Schuppen. Am Kopf zieht sich beidseitig lateral ein heller Streifen von der Schnauzenspitze bis in den Nacken. Der Schwanz ist gelb bis orange gefärbt, mit eingestreuten dunklen Flecken, die zur Schwanzspitze hin zu Bändern vereinigt sind. Ventral sind die weiß-grauen Schuppen groß und überlappend. Saurodactylus brosseti verfügt über keine Haftlamellen - diese würden bei der Fortbewegung auf Sand und beim Graben behindern. Die Pupillen sind schlitzförmig, was sie als dämmerungs- und nachtaktiv ausweist.
Jungtiere sind dunkelbraun bis schwarz gefärbt und haben einen roten Schwanz. Im Alter von drei Monaten beginnen sie umzufärben.

Lebensräume:


Das Klima westlich des Großen Atlasgebirges ist mediterran mit Tages-Durchschnittstemperaturen im Sommer bis 27°C  und im Winter 20°C (Klimadiagramm Agadir, Marroko). Dabei sinken nachts die Temperaturen im Durchschnitt im Sommer auf 17°C und im Winter auf 7°C ab. Tagestemperaturen von über 40°C sind keine Seltenheit, wobei die Luftfeuchtigkeit durch die Meeresnähe bei etwa 50% liegt und ab dem Sonnenuntergang auf 96% ansteigt (MEEK, 2008). Um diesen extremen und für die kleinen Geckos tödlichen Temperaturen aus dem Weg zu gehen, verbringen sie den Tag unter Steinen und Geröll. Aber auch unter Wurzeln und in Opuntia-Plantagen sind die Tiere zu finden. Im geeigneten Versteck sind die Tiere in der Lage selbst lange Dürreperioden und extreme Hitze für mehrere Monate zu überstehen (www.maroccoherps.com). Sie finden im Mikrohabitat trotz großer Hitze Temperaturen um 28°C vor, so dass die gemessene Körpertemperatur bei Saurodactylus brosseti tagsüber bei 25,7-28,5°C liegt (MEKK, 2008). Neben der geringeren Temperatur ist die Luftfeuchtigkeit im Mikrohabitat tagsüber mit einem Mittelwert von 78% höher, als außerhalb (MEKK, 2008).
Sobald die Sonne untergegangen ist, werden die Tiere aktiv und erbeuten kleine Insekten und Spinnentiere (SCHLEICH ET AL., 1996). Als Prädatoren gelten Skorpione und Schlangen, wie Malpolon monspessulanus und Macroprotodon cucullatus (SCHLEICH ET AL., 1996).

Haltung und Zucht:


In Relation zur Größe ist Saurodactylus brosseti ein aggressives Raubtier (www.maroccoherps.com). Dieses gilt nicht nur gegenüber Futtertieren, sondern auch gegenüber Artgenossen. Die Art sollte daher, trotz vielfacher Behauptungen, dass eine Gruppenhaltung möglich ist, nur paarweise gepflegt werden. Es konnten bereits mehrfach Beißereien mit schweren Verletzungen zwischen den Weibchen und zwischen Männchen beobachtet werden. Bei einer paarweisen Haltung harmonieren die Tiere zumeist gut miteinander. Für ein Pärchen ist ein Terrarium ab einer Grundfläche von 30x20 cm zu empfehlen. Um den Aktionsradius zu erhöhen, sollten die Seitenwände mit einer felsartigen Struktur aus Fliesenkleber o. Ä. gestaltet werden. Die Tiere können dann häufig beim Klettern beobachtet werden. Der Bodengrund besteht aus Sand und auf diesen sind flache Steine und Rindenstücke gestapelt unter denen sich die Tiere verstecken. Die Steine sollten fest verankert werden, damit die Tiere beim Untergraben nicht zerquetscht werden. Als Bepflanzung eignen sich kleine Euphorbiaceae oder Sedum-Arten. Auch kleine, kriechende Caralluma-Arten haben sich als genügsame Pflanzen bewährt. Alle 2-3 Tage wird eine Seite des Terrariums kurz übersprüht, um die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen. Die Geckos lecken die Wassertropfen auf, trotzdem sollte den Tieren jederzeit eine kleine Schale mit frischem Wasser zur Verfügung stehen. Die Terrariumbeleuchtung sollte so gewählt werden, dass Temperaturen von knapp über 30°C erreicht werden. Eine Kompaktleuchte mit leichtem UV-Anteil hat sich genauso bewährt, wie eine Kombination aus einer aufliegenden T5-Röhre (Narva BioVital) mit einem kleinen Halogenspot. Nachts fällt die Temperatur auf Zimmertemperatur ab (etwa 22-24°C). Die Beleuchtung ist im Sommer 12 Stunden eingeschaltet und wird im Winter auf 8 Stunden verringert bzw. bei zu hohen Temperaturen aufgrund des Leuchtmittels für 2 Monate komplett ausgeschaltet. In letzterem Fall sollte das Zimmer über ein Fenster verfügen oder von weiteren Terrarien erleuchtet sein, damit die Tiere einem Tag-Nacht-Rhythmus ausgesetzt sind. Im Winter liegen die Temperaturen tagsüber knapp über 20°C und fallen nachts auf 16°C ab, wobei auch Temperaturen unter 10°C vertragen werden. Sobald die Temperaturen und Beleuchtungsdauer im Frühjahr angehoben werden, beginnen die Tiere mit der Paarung. Wurden sie während der Winterphase nur spärlich einmal pro Woche mit 1-2 Futtertieren versorgt, so steigt nun der Appetit und eine zweimalige Fütterung pro Woche mit 3-4 Futtertieren pro Gecko wird angestrebt. Als Futtertiere eignen sich sämtliche Arthropoden in geeigneter Größe (Grillen, Ofenfischchen, Drosophila, Blattläuse, Bohnenkäfer, Asseln). Die Größe der Futtertiere sollte die breite des Geckomauls nicht überschreiten. Bestäubt werden die Futtertiere abwechselnd mit einem Mineralpräparat ohne und einem Präparat mit Vitamin D3. Ab Beginn der Fortpflanzung sollte dem Weibchen ein Napf mit Kalzium, etwa zerkleinerter Eierschale, zur Verfügung stehen. Drei Wochen nach erfolgter Paarung legt und vergräbt das Weibchen ein einzelnes Ei mit einer Größe von 8x6 mm. Die Eier konnten sowohl im Terrarium als auch im Inkubator erfolgreich inkubiert werden. Lässt man sie im Terrarium, so darf das Substrat keinesfalls zu sehr angefeuchtet werden - ein Absterben des ungeschlüpften Jungtiers wäre die Folge. Die Schlüpflinge werden nicht von den Elterntieren erbeutet und eine Aufzucht im Terrarium der Elterntiere ist somit möglich. Sollen die Eier zur besseren Kontrolle dem Terrarium entnommen werden, so ist der Sand vorsichtig mit einer Pinzette oder ähnlichem zu durchsuchen. Die Eier lassen sich sehr gut mit einem Löffel bergen und in eine Heimchendose, gefüllt mit einer flachen Schicht trockenen Sand, überführen. Ein Drehen der Eier hatte bisher keinen Einfluss auf die Schlupfquote. Wenn die Feuchtigkeit im Inkubator nicht unter 40% fällt, so muss die Dose nicht nachgefeuchtet werden. Die Inkubationensdauer liegt bei etwa 90 Tagen, wenn die Inkubationstemperatur 26-28°C beträgt und nachts eine Absenkung auf Zimmerttemperatur erfolgt. Die jungen Saurodactylus brosseti schlüpfen mit einer Gesamtlänge von 32-34 mm. Gleichgroße Schlüpflinge können zusammen aufgezogen werden, wobei eine kontrollierte Einzelaufzucht vorzuziehen ist. Zur Aufzucht eignen sich gelochte Heimchendosen, mit einer 2 cm hohen Sandschicht. Eine kleine Wasserschale und ein Rindenstück als Versteckplatz sind als Einrichtung ausreichend. Stehen die Aufzuchtdosen an einem warmen Ort (etwa auf der Beleuchtung größerer Terrarien), so dass die Temperaturen tagsüber auf etwa 26-30°C steigen, kann auf eine Beleuchtung verzichtet werden. Gesprüht wird alle zwei Tage mit wenig Wasser in einer Ecke der Dose. Trocknet das Wasser nicht innerhalb eines Tages ab oder beschlägt die Dose gar oder schimmelt das Holz, so muss die Sprühmenge drastisch reduziert werden! Ebenfalls alle zwei Tage erfolgt die Fütterung mit 3-4 Futtertieren in geeigneter Größe. Die Bestäubung dieser wird wie bei den adulten Tieren gehandhabt. Nach etwa drei Monaten verlieren die Jungtiere langsam ihre Jugendzeichnung. Sollte es bei der Gruppenaufzucht zu Beißereien kommen, müssen die Jungtiere separiert werden. Die Geschlechter lassen sich leider erst sehr spät, mit etwa einem Jahr anhand der verdickten Schwanzwurzel der Männchen bestimmen. Hat man die Möglichkeit mehrere Tiere zu vergleichen, so fällt die Bestimmung erheblich leichter.
Jedem der ein Trockenterrarium für Zwerggeckos betreiben möchte kann ich Saurodactylus brosseti wärmstens empfehlen. Die Tiere zeigen keinerlei Scheu, sondern sind stattdessen kleine aggressive Raubtiere. Durch Drohgebärden und Schwanzwedeln verteidigen sie ihr Revier, auch gegen den Pfleger - ihr Verhalten ist mit dem von Leopardgeckos zu vergleichen. Sie sind äußerst attraktiv und mit etwas Erfahrung und einer guten Futtertierquelle leicht zu pflegen.

Literatur:


- BONS, J. & GENIEZ, P. 1996: Amphibiens et Reptiles du Maroc (Sahara Occidental compris). Atlas biogéographique. Asociación Herpetológica Española. Barcelona. 319 pp.
- GAMBLE, T., BAUER, A. M., GREENBAUM, E. & JACKMAN, T.R. 2008: Evidence for Gondwanan vicariance in an ancient clade of gecko lizards. Journal of Biogeography, 35: 88–104.
- SCHLEICH, H.H., KÄSTLE, W. & Kabisch, K. 1996: Amphibians and Reptiles of North Africa. Biology, Systematics, Field Guide. Koeltz Scientific Books. 630 pp.
- RATO, C. & JAMES HARRIS, D. 2008: Genetic variation within Saurodactylus and its phylogenetic relationships within the Gekkonoidea estimated from mitochondrial and nuclear DNA sequences. Amphibia-Reptilia 29 (1): 25-34.
- MEEK, R. 2008: Retreat site characteristics and body temperatures of Saurodactylus brosseti Bons & Pasteur, 1957 (Sauria : Sphaerodactylidae) in Morocco. Bull. Soc. Herp. Fr. (2008) 128 : 41-48.
- www.maroccoherps.com: Amphibians & Reptiles of Morocco and Western Sahara. Zugriff im Juli 2013.

Text: Dennis Hluschi, Leipzig

Fotos: Dennis Hluschi, Leipzig und Georg Simon, Berlin

Saurodactylus brosseti (Male)

Saurodactylus brosseti (Female)

Saurodactylus brosseti (Pair)

Saurodactylus brosseti (Family)

Saurodactylus brosseti (Male ventral)

Saurodactylus brosseti (Hatchling)

Saurodactylus brosseti (Rearing Container)

Saurodactylus brosseti (Semiadult)

Saurodactylus brosseti (Habitat)

Saurodactylus brosseti (Habitat)